Ein gescheiterter Bluff

Anfang Juli 2017 beruhigen sich die Gemüter im Haus und mit allen - bis auf eine Person - rede ich wieder einigermaßen normal.  Es kann bekanntlich ein Mensch nicht in Frieden leben, wenn's dem bösen Nachabarn nicht gefällt. Die Sanierung unseres Hauses kann nun endgültig angegangen werden, nachdem die Vorarbeit des im Jahr 2016 gewählten Bauausschusses abrupt gestoppt werden musste. Inzwischen wurde all das nachgeholt, was unterlassen worden war und wir sind uns über den Sanierungsumfang einig. Natürlich ist das erste nicht akzeptable Ergebnis Anlass zur Betroffenheit der wenig erfolgreichen Ausschussmitglieder. Dabei lagen doch alle Vorarbeiten, die ein Fachmann für mehrere Eigentümer bereits erarbeitet hatte, in Form einer Leistungsbeschreibung auf dem Tisch. Diese hätte man sofort zur Angebotseinholung und zum Vergleich nutzen können. Da aber allesamt absolute Laien sind, konnten sie vermutlich nicht erkennen, was sie mit ihrem alternativ eingeschlagenen Weg anrichteten. Wie konnte es nur dazu kommen?

 

Es gibt drei Möglichkeiten:

 

Möglichkeit 1

 

Die Ausschussmitglieder erkannten tatsächlich nicht die Wünsche der Miteigentümer. Die Folge war ein preislich unschlagbares Billigangebot.

 

Möglichkeit 2

 

Der Ausschuss wollte eigene Interessen verfolgen und deshalb keinen fachmännischen Rat oder Fachleute hinzuziehen.

 

Möglichkeit 3

 

Die dritte Möglichkeit ist ein Gemisch unterschiedlicher Interessen und sie resultiert aus vielen Indizien, die sich aus dem Vorgehen ergeben. Es sieht so aus, als wollte der Verwalter selbst mit einem konkurrenzlos günstigen Angebot unter Zeitdruck eine schnelle Beauftragung, um nach dem Ausschalten des Wettbewerbs ein Nachtragsangebot zur nachhaltigen Sanierung zuzulassen, das den Auftragsumfang nahezu verdoppelt. Er könnte dazu rigoros jede Schwäche des Bauausschusses und die Zerstrittenheit einiger Eigentümer genutzt haben.

 

Natürlich ist es mühsam, dies exakt zu beweisen, es kann jedoch mit jahrelanger einschlägiger Berufserfahrung im Vergabewesen folgendes plausibel  nachvollzogen werden.

 

Demnach

  • nutze der Verwalter die schweren Dissonanzen zwischen Eigentümern und dem Rücktritt aller Verwaltungsbeiratsmitglieder sowie die beiratslose Situation aus, um den Vorsitz in Ausschüssen zu übernehmen, denen bisher stets der Beirat vorstand. So konnte er sich  als vermeintlicher Fachmann den Laien anbieten. Besonders gute Voraussetzungen für sein Vorhaben schuf er mit seiner auslegbaren Formulierung des TOPs "Sanierung" im Protokoll der Eigentümerversammlung, um einen bestimmten Geschäftspartner im Handstreich zu beauftragen.

  • Seine Beratung lief darauf hinaus, dass er einen Handwerker empfahl, mit dem er schon mehrere Häuser renoviert hatte, der aber wie er nicht mit Bauausführungen nach VOB arbeitet. Also wurde die bereits vorliegende Worst-Case-Ausarbeitung nach VOB, aus der hervorging, wie nachhaltig saniert werden sollte, pseudofachmännisch negiert, der Wunsch nach einer möglichst billigen Lösung seitens der Bauauschussmitglieder gefördert, um zunächst ein Angebot für das Zuschmieren von Ritzen und Übertünchen des Hauses einzuholen, wohl wissend, dass das nicht dem Wunsch aller Eigentümer entsprach. Ein Nachtrag war bereits ins Auge gefasst. Ein zweites eingeholtes Angebot erfüllte nur noch den formalen Zweck.

  • Es war in der Eigentümerversammlung festgelegt worden, dass bis zum Jahresende 2016 der Angebotsvergleich vorliegen sollte, die Eigentümer über die Vergabe entscheiden und der Auftrag erteilt sein sollte. Das setzt Zwischenschritte voraus, die vor diesem Termin liegen. Genau die erfolgten nicht fristgerecht und waren auch vom Ausschuss nicht vorgesehen.

  • Im Februar 2017 - also lang nach Ablauf der Frist - wurden die beiden Angebote ohne qualifizierten Preisvergleich vorgelegt, der Billiganbieter als konkurrenz- und alternativlos bezeichnet und die bevorstehende Vergabe duch den Bauausschuss angekündigt. Als Druckmittel sollte dienen, dass die Arbeiten nur bei rascher Beauftragung noch im gleichen Jahr beginnen könnten. Man hatte kurzerhand die wachsweiche Protokollformulierung grenzwertig ausgelegt, durch die selbstverschuldete Verzögerung Zeitdruck erzeugt und wollte die Entscheidung durch die Eigentümer umgehen.

  • Dies führte zum rigorosen Stopp durch mich, weil ich die Absichten erkannte und das Billigangebot als völlig unakzeptabel ansah.

  • Nach dem Stopp und dem Einsetzen eines neuen Verwaltungsbeirats sowie eines neuen Bauausschusses lag der Prozess wieder in Händen der Eigentümer. Nachdem zwischen dem Stopp und der Eigentümerversammlung von mir mit der ursprünglichen Leistungsbeschreibung weitere Angebote namhafter Firmen eingeholt und professionell verglichen waren, war allen Ausschussmitgliedern restlos klar, wie hoch die Kosten des tatsächlichen Umfangs einer nachhaltigen Sanierung sein werden.

  • Zur ersten Bauausschusssitzung wurde der Verwalter hinzugebeten, der erneut ungeniert seine eigenen Interessen vertrat. Es war offensichtlich, dass es eine Verbindung zwischen ihm und dem Billiganbieter gab, weil er all seine eigenen Schwächen und die des Anbieters zu einem Paket zusammenschnürte und weiterhin anpries.

  • In die Endauswahl kamen auf Betreiben des Verwalters und einiger Ausschussmitglieder, die die Nachfolge ihrer Frauen im Ausschuss angetreten hatten, zwei Anbieter, wovon einer der bewusste Billiganbieter war. Diese wurden zu Endgesprächen eingeladen.

  • Beim Endgespräch lagen nun auch vom Billiganbieter Kosten für eine nachhaltige Sanierung vor, die nach spezifischen Angebotsvergleich nahe beim Wettbewerb lagen. Als das bekannt war und der Billiganbieter meinte, dass "er gleich so angeboten hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass nachhaltig saniert werden sollte", war mir das Spiel endgültig klar, das bisher gespielt wurde.

  • Um aus dieser Gemengelage mit einem blauen Auge heraus zu kommen, griff der Verwalter zur Notlüge, er habe aus den Reihen der Eigentümer nie den Wunsch einer nachhaltigen Sanierung gehört. Ein Mitglied des Bauausschusses meinte ebenfalls, dies sei íhm auch erst jetzt bewusst geworden. Nach Überprüfung des Schriftverkehrs konnte diese Aussage aber klar widerlegt werden.

Wichtig ist nun der Zusammenhalt der Eigentümergemeinschaft, die mit einem Bluff übertölpelt werden sollte. Auf der außerordentlichen Eigentümerversammlung müssen nun die richtigen Entscheidungen getroffen werden, die so gestaltet sein sollten, dass die Regie und die Abrechnung in neutraler Hand liegen. Das geht nur mit einem Regelwerk nach VOB mit Verrechnungspreisen und bescheinigten Stundennachweisen. Jede andere Art der Beauftragung und dazu passende Regie würde die Fortsetzung bisheriger Vorgehensweisen bedeuten. Alle Anbieter sind fachlich bestens geeignet. Dort liegt also nicht das Problem.

 

Wahrscheinlich wird es noch Nachwirkungen geben, weil der Bogen des Akzeptablen überspannt wurde. Das ist schade, denn die eigentliche Verwaltungsleistung ist recht gut. Dass all diese schrägen Praktiken nur deshalb liefen, um uns Eigentümern etwas Gutes zu tun, ist wenig glaubhaft. Hausverwaltungen generieren allesamt über ihre gewachsenen Geschäftsbeziehungen weitere Einkünfte, bei denen auch für die verwalteten Liegenschaften Vorteile abfallen. Das ist akzeptabel, nur muss alles im Rahmen bleiben. Verwaltungsbeiräte müssen deshalb rote Linien ziehen.

 

So gehe ich nun in die nächsten Monate und werde wohl bald wieder etwas zu berichten haben.

 

8.7.2017

 








Angebote nach Wunsch...





...und nicht nach Verstand...



...ungeschickt verdreht...




...erfreuen nur widerwillig...




...und fordern ein konsequentes Vorgehen