Boykottierte Sitzung

Es gibt Menschen, die immer etwas schlauer als ihre Mitmenschen sein wollen und sie halten sich sogar für intelligenter als sie. Und in der Tat, sie sind wirklich meist etwas intelligenter als die, die ihnen folgen. Das macht sie so gefährlich. So auch kürzlich zur zweiten außerordentlichen Eigentümerversammlung zur Sanierung unserer Wohnanlage.

Der Mehrheit der Eigentümer waren die bisherigen Faxen einer kleinen Gruppe dick und entschied sich für die Baubegleitung durch einen Bausachverständigen. Damit sollte endlich Schluss sein mit den verschlagenen Taktiken, um eine bestimmte Art der Beauftragung zu erreichen. Dreh- und Angelpunkt waren der erforderliche Arbeitsumfang für eine nachhaltige Sanierung und die Vertragsbedingungen sowie die Kosten der Baubegleitung. Da einige wichtige Informationen fehlten, beziehungsweise bisher verschwiegen oder verdreht worden waren, sollte der inzwischen beauftragte  Sachverständige für letzte Klarheit sorgen.

Neben vielen sehr nützlichen Informationen sind hier nur einige zu nennen:
Die für unsere Sanierung besten Vertragsbedingungen sind die VOB-Bedingungen. Diese dürfen von Privatpersonen nicht verwendet werden, weil sie keine Fachleute sind. Sie dürfen einem Vertrag nur zugrunde gelegt werden, wenn ein Architekt oder ein Bausachverständiger die Sanierung begleitet.
Erkenntnis: Weil dieser vermeintlich nicht bestellt war, durfte der Verwalter nur nach BGB beauftragen. Das wurde bisher verschwiegen.
Ab dem 1. Januar 2018 ist ein völlig neues Baugesetz innerhalb des BGBs gültig, das Auftragnehmer besser schützt und einige VOB-Empfehlungen einbindet.
Erkenntnis: Wäre der Auftrag noch 2017 nach BGB erteilt worden, würde das alte BGB gelten, das kein einziges Bauanliegen abdeckt.
Alle Anbieter sind absolut qualifiziert und der grundsätzlich bereits getroffenen Entscheidung für die Vergabe kann gefolgt werden. Allerdings ist ein protokolliertes Vergabegespräch unter Mitwirkung des Bausachverständigen, je eines Mitgliedes des Bauausschusses und des Verwaltungsbeirats sowie des Verwalters erforderlich. Das Protokoll ist von allen Teilnehmern als Vertragsgrundlage zu unterschreiben. In diesem Gespräch klären der Sachverständige und der Auftragnehmer die technischen Details ab und ändern ggf. den Bestellumfang.
Innerhalb der VOB-Bedingungen ist auch ein Einheitspreisvertrag / Detail-Pauschalvertrag  möglich, der die Kosten deckelt. Nachträge sind dennoch im Rahmen von VOB möglich.
Die Eigentümer entschieden sich für den vom Bauausschuss vorgeschlagenen Anbieter und den Vertragsabschluss zu VOB-Bedingungen, weil diese u.A. für alle Arbeitsschritte die Einhaltung der DIN-Normen verbindlich vorschreibt, was insbesondere bei den Betonsanierungen und dem Fassadenputz wichtig ist und die Festlegung von Prüfungsschritten. Auch wurde die Vereinbarung einer Gewährleistung von 5 Jahren sowie einer Ausfallbürgschaft beschlossen.





Eine bedenkliche Sache war der Boykott der AOS durch all die Eigentümer, deren Verhalten auf der 1. AOS und wegen der falschen Stimmenauszählung zu Fehlentscheidungen führten, die jetzt korrigiert wurden. Sie hatten gegen die Bestellung eines Bausachverständigen votiert, weil sie Empfehlungen gefolgt waren, die strittig waren. Damit brachten sie eigentlich ihren mangelnden Durchblick  erst deutlich zum Ausdruck.

Kurioserweise fragte kürzlich einer von ihnen ausforschend beim Sachverständigen nach, was er denn ermittelt habe und was er den Eigentümern empfehlen würde und wollte wissen, ob er auch Kontakt mit anderen Eigentümern habe. Die Auskünfte wurden wegen der geplanten einheitlichen Informationen aller Eigentümer verwehrt, was wohl eine Trotzreaktion auslöste. Trotz des deutlichen Informationsbedarfs kam es zum Boykott der Infoveranstaltung. Eine Entscheidung, die Fragen aufwirft.

Die "Empfehlung", die AOS nicht zu besuchen, beruht also auf ganz persönlichen Empfindungen von einigen Personen mit Scheuklappen. Dass auch andere Eigentümer sich diese Scheuklappen aufsetzen ließen, ist bedenklich - aber Fakt.

Im Rahmen der AOS wurde auch der Beschluss zur Gewährung von Regiekosten revidiert, damit die Baubegleitung nicht doppelt vergütet wird. Allerdings müssen die bisherigen Aufwendungen des Verwalters bezahlt werden, die von den beiden Bauausschüssen als Beratungsleistung in Anspruch genommen wurden. Das ist ein Novum, weil alle vorangegangenen Projekte bis zur Bestellreife in Eigenregie ohne Zusatzkosten abgewickelt wurden. Das zeigt einmal mehr, dass Ausschüsse kompetent besetzt und geführt werden sollten.

Die zu einem einvernehmlichem Vorgehen erkennbare Unfähigkeit stört nun  erheblich das Wirken der an sinnvoller Zusammenarbeit interessierten Miteigentümer.

Nun ist zumindest die Sanierung mit 2/3 der Stimmen aller Eigentümer endgültig auf einem guten Weg. Dem restlichen Drittel war wegen der verpassten Gelegenheit wohl nicht zu helfen!